Es sei einmal dahingestellt, ob russische Oligarchen tatsächlich die Möglichkeit eingeräumt bekamen, in den letzten Tagen Gelder von zypriotischen Konten abzuziehen. Nach einzelnen Medienberichten über hohe Kapitalabflüsse trotz Einfrierung des Zahlungssystems auf Zypern wurde darüber bereits hier und dort gemutmaßt. Obwohl Staatspräsident Putin die Gemüter gestern zu beruhigen versuchte, weisen manche Aussagen darauf hin, als ob in Moskau über Pläne zu einer möglichen Vergeltung gegen die EU sinniert werden könnte.

 

 

Wer sich über den Verlauf der griechisch-zypriotisch-russischen Krise ein wenig besser ins Bild setzen möchte, verfolgt in diesen Tagen natürlich intensiv deren Medien und Blogs. Schon gestern Vormittag wurde ich darüber auf einen Bericht im britischen Guardian aufmerksam, in dem es hieß, dass Russlands Premier Medwedew die Europäische Union des Diebstahls bezichtigt. Recht hat er damit, wenngleich man mit Blick auf eine Reihe von früheren Entscheidungen der Russen in ähnlichen Krisen an der Heimatfront nicht mit zweierlei Maß messen sollte. Trotz allem rechtfertigt dies die Vorgänge in der Eurozone nicht.

 

 

Während auf diese emotionalen Aussagen gestern Nachmittag eine Beruhigungspille seitens Wladimir Putin folgte, könnten hinter den Kulissen vielleicht jedoch ganz andere Planspiele verfolgt werden. Zu dieser Annahme veranlasst mich zum Beispiel die Aussage des früheren Kreml-Beraters Alexander Nekrassov gegenüber dem Guardian. Um Nekrassov wörtlich zu zitieren, hieß es, dass Russland gegen die EU und Deutschland Vergeltung üben könnte, falls hohe Beträge der durch russische Unternehmen und Investoren in Zypern veranlagten Gelder in Schall und Rauch aufgehen sollten.

 

 

In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie ernst man die gestrigen Beschwichtigungen Putins nehmen kann. Sollte es zu einer großangelegten Enteignung von russischen Vermögen kommen, werde man in Moskau gewiss über Wege nachdenken, wie man die Europäische Union dafür bestrafen könne, so Nekrassov. Dies könne zum Beispiel auf ganz einfache Weise geschehen. Immerhin produziere eine Anzahl deutscher Großunternehmen in Russland vor Ort. Um zu einem Schlag auszuholen, könnte die Moskauer Regierung möglicherweise Vermögen dieser Unternehmen einfrieren oder diese mit einer Sondersteuer belegen. Noch verfolge man im Kreml jedoch eine abwartende Haltung.

 

 

Geostrategisch ist Zypern für Russland aufgrund des angestrebten Betreibens einer neuen Marinebasis noch von ganz anderer Bedeutung. Denn sollte das syrische Regime in Damaskus zu Fall gebracht werden, dürfte Russland seinen bislang einzigen Zugang zum Mittelmeer in Tartus verlieren. Dem angestrebten Aufbau einer russischen Marinebasis im zypriotischen Limassol stellen sich jedoch Deutschland und die EU auf Schärfste entgegen. Die Briten sind in unmittelbarer Nachbarschaft zu Limassol mit zwei eigenen Militärbasen vor Ort. Nachdem die Türkei gegenüber den Südzyprioten bereits in der letzten Woche erklärte, dass jedwede Verpfändung zukünftiger Gaseinnahmen einen kriegerischen Akt darstelle, kann man sich vorstellen, welche Wellen diese ach so kleine und sonnige Insel im Mittelmeer auf internationaler Ebene noch schlagen könnte.

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